Berliner Morgenpost

https://www.morgenpost.de/berlin/article226181153/Fahrradaktivisten-besetzen-die-Schoenhauser-Allee.html

…nur in Lippe schläft man den Schlaf der Gestrigen

Der Parkplatzwahnisnn am Leopoldinum (siehe vorletzen Beitrag) bedeutet mehr Elterntaxis, mehr Verkehr, mehr Umweltbelastung (incl. Teibhausgase, Versiegelung etc.) Wann lernt der Stadtrat endlich was der Begriff „Induzierter Verkehr“ bedeutet?

Seit Sommer 2018 offiziell als Rad- und Fußweg beschildert.
Die Fromhausener Straße zwischen Detmold und Horn

In einem Land wo täglich neue Straßen gebaut werden, obwohl schon die existierenden immer mehr verfallen, gibt es doch gelegentlich auch mal kleine Wunder. Eines der best gehüteten Fahrradgeheimnisse im Kreis Lippe ist die Fromhausener Straße zwischen der Nordstraße in Horn und Fromhausen. Bis 2011 war die Straße als „Schleichweg“ heftigem Durchgangsverkehr ausgesetzt und an der Einmündung zur Nordstraße kam es zu schweren Verkehrsunfällen, weshalb eine Sperrung des Durchgangsverkehrs zuerst kontrovers diskutiert und dann beschlossen wurde.

Das Wiembecketal aus Richtung Holzhausen gesehen

Aus heutiger Sicht, und vor allem aus der Sicht von Radfahrern und Wanderern, die die seltene Schönheit dieser Straße und des Tals an der Wiembecke erleben, mutet diese Diskussion von damals geradezu wunderlich an. Dürften sich doch viele Anwohner, die ursprünglich gegen die Sperrung waren, heute genauso vehement gegen eine Wiedereröffnung einsetzen, wenn sie nicht völlig blind gegen den Reize dieser Landschaft sind, die durch die Sperrung erst erlebbar wurden. Wenn man sich zu Fuß oder per Rad auf der stillen Straße bewegt, oder besser noch, innehält, dann kann man sich lebhaft vorstellen wie unattraktiv dieser Ort wegen des vielen Verkehrs gewesen sein muss, obwohl er direkt am Naturschutzgebiet liegt.

Zum Rosenbusch im Wiembecketal

Wurden vorher die Anwohner täglich von tausenden KFZ belärmt und bedieselt, entwickelt sich diese idyllische Landschaft zwischen Detmold und Horn mittlerweile zu einer Touristenattraktion, wozu nicht zuletzt die Lavendelfelder oberhalb Fromhausens maßgeblich beitragen. Um so erfreulicher, dass sich der Status dieser Straße zwischen den Barrieren seit dem Sommer 2018 verfestigt hat, indem sie als geteilter Fuß- und Radweg ausgeschildert wurde.

Zum Rosenbusch im Wiembecketal

Man mag sich nur etwas wundern, warum Horn und Detmold in ihrem Tourismusmarketing nicht mehr aus dieser Öko-Tourismus-Attraktion machen, ist sie doch das entscheidende Stück einer autofreien Verbindung zwischen den beiden Städten. In dem Dreieck Detmold-Horn-Externsteine ergibt sich durch dieses Filestück ländlicher Schönheit ein Bereich den man als (e-)Radfahrer, mit Trekking- , City- oder Mountainbike, fast ohne Autoverkehr genießen kann.

Mehrere Routen seien hier empfohlen:

  • Detmold Willi Brandt Platz – Allee bis obere Mühle – über die Paderborner Straße in Richtung Freilichtmuseum – den nördlichen Weg entlang des Freilichtmuseums immer geradeaus – immer auf dem Kammweg entlang – Am Friedhof Spork-Eichholz vorbei – den Gustav-Mesch-Weg entlang – Hornoldendorfer Straße 300 Meter in Richtung Hornoldendorf – Links in den geteerten Wirtschaftsweg einbiegen und immer geradeaus (bergab ungeteert) am Naturschutzgebiet vorbei  bis zum Residenzweg – rechts den Residenzweg hinauf zu den Lavendelfeldern – bergab nach Fromhausen – die Fromhauser Straße entlang bis Fieners Hofladen -hinter Fieners Hoflande rechts abbiegen bis Rosenbusch – den Rosenbusch immer geradeaus bis zum Kreisverkehr nahe der Horner Innenstadt
  • Alternativ zu dieser Route kann man hinter dem Weg am Freilichtmuseum den geteerten Linnenkamp bis Hornoldendorf herunterfahren und dann links die Hornoldendorfer Straße hinauf bis zum Wirtschaftsweg auf halber Anhöhe, der rechts abgeht.
  • Alternativ zum Weg von der Oberen Mühle kann man vom Willi-Brand-Platz natürlich auch den „Alten Postweg“ oder die Rosenstraße (etc.) nehmen um zum nördlichen Weg entlang des Freilichtmuseums zu gelangen. Diese haben nur wenig Verkehr.
  • Wenn man „Zum Rosenbusch“ ist kann man ebenfalls ohne Autoverkehr nach Holzhausen und von dort zu den Externsteinen gelangen, indem man die parallel verlaufende, verkehrsfreie Straße „Bockstal“ kreuzt, und jenseits der kurzen, aber steilen, Anhöhe die Externtsteinstraße überquert.

Lippische Landeszeitung vom 28.11.2011:
„Diskussion um Fromhausener Straße hält an“
https://www.lz.de/lippe/horn_bad_meinberg/5212820_Diskussion-um-Fromhausener-Strasse-haelt-an.html

Lavendelfelder oberhalb Fromhausen
Fromhausener Straße als Rad- und Gehweg
Linnenkamp auf dem Weg nach Hornoldendorf
Fromhauser Straße in Richtung Horn
Blick vom oberen Wellnerweg oberhalb Hornoldendorf in Richtung der Lavendelfelder am Osterbergweg oberhalb Fromhausen. Im Hintergund die Velmerstot
https://www.lz.de/lippe/horn_bad_meinberg/5212820_Diskussion-um-Fromhausener-Strasse-haelt-an.html

Detmold, Hornsche Straße im Jahr 2019.

Hierauf haben alle Elterntaxis und Lehrer gewartet. Endlich weichen lästige Bäume und ein Fuß/Radweg einer Abbiegespur und einem Parkplatz! Unsere Sehnsucht wurde erfüllt! Sobald alles fertiggestellt ist heißt es: „Mondays more Motors!“ Endlich kann der Verkehr so richtig in die Stadt gelockt werden und so kriegen wir auch Klimawandel, Ressourcenschwund, Artensterben, Feinstaub und Flächenverbrauch in den Griff. Gleichzeitig müssen wir unsere Kinder nicht mit ihren Fahrrädern auf die gefährlichen Straßen  lassen, wo so viel Verkehr ist – das wäre unverantwortlich! Jetzt heißt es stattdessen „Kiss and ride“.

Detmold knutscht seine Kinder hinterm Steuerrad und schafft Verkehr, weil Verkehr „Wachstum“ fördert und weil immer mehr einfach immer besser ist. Vor allem immer mehr neue Flächen versiegeln, denn in den unendlichen Weiten des Universums haben wir davon ja schließlich reichlich. Elon Musk wird uns mit seinen Space X Raketen schon hinfliegen. Fachleute in der Verkehrsplanung nennen das „Induzierten Verkehr“. Zu Deutsch: Wer Straßen und Parkplätze sät, wird Verkehr ernten. Mit solch schwierigen Begriffen wird aber kein ehrenhafter Stadtplaner, wie unser Herr Zimmermann, seine zart besaiteten Stadträte belasten, sondern ihnen dienstfertig zur Seite stehen, wenn es darum geht solche Fremdwörter zu ignorieren.

Platz für Autos schaffen ist die Zukunft

Also leistet sich die Stadt mit etwas „Renaturierungs“-Bla-Bla an der Werre einen Ablasshandel. Obwohl – für die Renaturierung muss die Stadt ja (fast) nicht(s) selbst bezahlen. Gott sei Dank! Doch, Renaturierungs-Bla-Bla?? In der städtischen Selbstdarstellung lautet das so: „Die Werrerenaturierung greift dabei mit dem Parkplatzneubau auf dem Aschesportplatz ineinander.“ Also genau wie Wolken, Kuckuck und Heim ineinandergreifen, um ein Wolkenkuckucksheim zu basteln, wird die Renaturierung eines früheren Umweltfrevels mit einem neuen Umweltfrevel bezahlt.

Perfekt! Parkplatz for Future! Der Beitrag zu Überschwemmungen, den die Versiegelung des Parkplatzes leistet, wird durch die Renaturierung der Werre in diesem Bereich wieder aufgefangen. Das nennt man dann Hochwasserschutz. Wow! Mit diesem Beispiel für gelungenes Greenwashing können die Lehrer auch gleich noch den Begriff „Nullsummenspiel“ erläutern. Dumm nur, dass der Ascheplatz mehr zum Hochwasserschutz geleistet hat, als der neue Parkplatz „Am Werrebogen“ und was sonst noch so am Leopoldinum neu versiegelt wird.

Das Leben ist eine Abbiegespur

War der oben stehende Text nun eine Glosse? Nicht für die Stadträte Detmolds, denn für die sind ihre Wolkenkuckucksheime bitterer Ernst. Was wäre denn schließlich, wenn die 70er Jahre doch nicht ewig dauerten? Nicht auszudenken! Wie sollten man denn sonst durch die endlosen Weiten des Universums gelangen?

Und so informiert die Stadt Detmold über dieses Zukunftsprojekt:

https://www.detmold.de/startseite/news/news-single-view/?tx_news_pi1%5Bnews%5D=487&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail

Endlich Platz für unsere Kinder