Anstatt über eine Wiedereröffnung des Bahnabschnitts Lemgo-Barntrup, für den regulären und regelmäßigen Personenverkehr, jubeln zu können, jubelt man beim Klimapakt Lippe darüber, dass die „Landeseisenbahn Lippe“ ca. ein dutzend Mal im Jahr mit Ökostrom fährt. Hurrähchen! Die Elektrifizierung der Bahn zwischen Bielefeld und Lemgo (und weiter bis Barntrup!) scheint dagegen eine unüberwindbare Hürde.

Genutzt werden kann der „klimafreundliche Bahnstrom“ also nur auf der Extertalbahn.  Aber man will ja die CO2-Emissionen bis 2050 eh nur um 95% senken, und dazu benötigt man in Lippe offenbar keine elektrifizierte Bahn und auch keine Verbesserung des ÖPNV. Wunder gibt es in Lippe ja bekanntlich immer wieder, was der Status als „Vorreiter“ und „Vorbild“ für das ganze Land (Deutschland) schließlich beweist. Und warum kleine Rüben verkaufen, wenn’s auch große tun.

Die Erfolgsstrategie, die hinter dem Wunder steckt ist einfach: Wichtig ist der richtige Antrag beim richtigen Bundesministerium! In diesem Fall das Bundesumweltministerium, denn das ist für illusionäre Optimismus-Verbreitung das Chefministerium und hat das Motto „Wir schaffen das“ schon lange im Wappen. Und wenn so ein Antrag dann fast eine Million Euro einfährt, dann kann auch schnell ein Sitzenbleiber zum Klassenbesten mutieren. Ganz egal, ob er mit 4% ökologischer Landwirtschaftsfläche deutlich unter dem Bundesdurschnitt (6,5%) liegt, oder für den ÖPNV dreifach teurere Preise veranschlagt, als Regionen von vergleichbarer Flächengröße in anderen Teilen Deutschlands, oder böse Briefe an die Landesregierung schreibt, wenn diese die Flächenneuversiegelung auch im Vorbildkreis begrenzen möchte, oder, oder, oder…

Zurück zur „Landeseisenbahn Lippe“: Es stellt sich die bange Frage, ob dieser Verein, bei allem Engagement für das ökologische Verkehrsmittel Eisenbahn, überhaupt an einer modernen Wiederinbetriebnahme der Begatalbahn interessiert ist, oder ob sich der Museumsbetrieb so weit verselbständigt hat, dass man nichts mehr fürchtet, als das diese Idylle zerstört werden könnte.

img_8947

Für Kinder ist es ganz normal, nicht an das zu glauben, was ihnen nicht in den Kram passt, also z.B. dass Süßigkeiten Löcher in den Zähnen verursachen. Vom Lemgoer Bürgermeister heißt es, dass er nicht an den menschengemachten Klimawandel glaubt. Wie praktisch! Er macht sich die Welt, wie sie ihm gefällt. Nun, was bleibt ihm anderes übrig, wenn er nicht verzweifeln will, angesichts des allenthalben ungebremsten Wirtschafts-Wachstumswillens seiner Wähler. Diese haben den Dreisatz des goldenen Zeitalters der Lipper verinnerlicht, wie einst das Vaterunser: „Immer mehr, immer größer, immer billiger.“ It’s a beautiful world! Da dürfen auch die Argumente von 99% der Klimawissenschaftler nicht stören. Und was sind schon ein paar Löcher in der Argumentation, gegen Karies?

Der Infantilismus ist also auch im höchsten Amt der Stadt Lemgo angekommen und mischt sich fröhlich mit der postfaktischen Gerontokratie im Mehr-Generationen-Wolkenkuckucksheim. Und Glaube hat Konjunktur. Wer nicht stolz ist, ein Abrahamit zu sein, der glaubt eben an das ewige Wirtschaftswachstum und dass eine Welt ohne Arbeitsplätze nicht lebenswert ist, Arbeitsplätze ohne einen bewohnbaren Planeten aber vielleicht schon. „Man weiß ja nie!“

Wissenschaft und Fakten sind allerdings schon lange nicht mehr die Ratgeber der Politik. Am liebsten lässt man sich von den Wunschträumen seiner Wähler beraten, da ist der Wahlsieg, und somit der Job, wenigstens sicher, und das ist, wie gesagt, das einzige stichhaltige Argument. Wer braucht schon ein Leben, wenn er Arbeit hat? Bei Bedarf würde man sogar versprechen die Tyrannei der Schwerkraft zu beenden, und die ganzen herausgeschmissenen Gelder für die Forschung nach den Higgs boson Teilchen einfrieren. Ganz nach dem Motto „was ich nicht seh‘, ich auch nicht versteh“.

Und dann wird auch der Rest der Vogel-Strauß-Ideologie verständlich. Wer so glaubt, der KANN gar nicht sehen, dass es zwischen seinen Ansprüchen und der Wirklichkeit Anderer einen Zusammenhang geben könnte. Er glaubt wirklich, dass in einer globalisierten Welt, in der er die Produkte seiner Wolkenkuckucksstadt verkaufen will, diese Globalisierung nur eine Richtung kennt und dass man ein begrenzt großes Gefäß immer weiter mit Waren anfüllen kann. Und zur Not kämpft er auch gegen Windmühlen (siehe Foto.)

Solche Menschen kann man weder mit Fakten, noch mit Ideologien (ihre eigene ist ihnen gewissermaßen angeboren), noch mit Moral, Solidarität oder anderen unverkäuflichen Dingen beeindrucken. Nicht an den anthropogenen Klimawandel zu glauben, ist das passgenaue Verdrängungspuzzleteil für den Glauben, dass die 70er Jahre ewig dauern werden. Denn, was so schön ist, kann nicht enden (dürfen)! – Und da es diesen, von Menschen verursachten, Klimawandel nicht gibt und der Lemgoer Stadtbus kein Produkt der 70er Jahre ist, sondern der 90er Jahre (igitt!), so brauchen wir ihn auch nicht als Beitrag gegen etwas an das wir eh nicht glauben. Ein rundes Argument, aus einer flachen Welt… …das immer im (Wolkenkuckucks-)Kreis herumgeht.


Neinsager-Partei

img_0212