Gerne wird von „konservativen“ Parteien das Wort „Leitkultur“ bemüht, doch ganz offenbar ist dies ein Begriff den sie sehr selektiv benutzen. Wenn es nämlich um den Erhalt der einstmals besonders reizvollen lippischen Kulturlandschaft geht, dann steht diese einem hemmungslosen Ausverkauf zur Verfügung. Keine Idylle, kein Naturschutzgebiet, kein Naherholungsgebiet ist vor dem sicher was die Mehrheit der lippischen PolitikerInnen für „Fortschritt“ hält und man fragt sich was die Konservativen denn so konservieren. Vermutlich eben dieses seit mindestens drei Jahrzehnten überholte Konzept von „Fortschritt“.

Traditionen der Baukultur und Landschaftspflege, die in nicht unerheblichem Maß identitätsstiftend wirken, wie man zahllosen Werken der deutschen Literatur entnehmen kann, gelten nicht viel, wenn neue Steuereinnahmen winken. Aber wie befahl Mario Adorf, in seiner unvergesslichen Rolle des Generaldirektor Haffenloher in der Serie „Kir Royal“, den Lakeien nachzusprechen: „Geld regiert die Welt und für Geld mach ich alles“. Eine Botschaft, die in Lippe offenbar auf fruchtbaren Boden fällt.

Ob am Oetternbach in Jerxen-Orbke, am Radsieksbach und der Ilse in Lemgo, oder an der Berlebecke in Hornoldendorf, oder am nun bereits verschwundenen Scherenkrug in Oerlinghausen und vielen weiteren Bauvorhaben: überall droht die Vernichtung von Kultur und Natur für eine Politik, die im Jahr 2018 immer noch nicht begriffen hat, dass die Fläche Lippes noch begrenzter ist, als die Natur und die Ressourcen unseres Planeten.

Ewiges Wirtschaftswachstum ist eine Illusion, doch die Lipper möchten noch schnell ein letztes Opfer bringen, bevor der Ökozid perfekt ist. Eine Art anti-ökologischer Volkssturm in Erinnerung an die goldenen Zeiten des Wirtschaftswunders. Die Devise heißt: „Immer noch mehr!“ Und was ist schon ein Naturerlebnis gegen das Shoppingerlebnis im neuesten Shoppingparadies?

Über Alternativen zur Zersiedelung, durch immer neue Gewerbegebiete, und zu einer völlig verkehrten Verkehrspolitik machen sich die Stadträte ungern Gedanken, denn das hieße dicke Bretter bohren und Phantasie zulassen, oder gar von den Partnerstädten lernen. Die Detmolder Partnerstadt Hasselt ist weltberühmt, nur weiß das fast niemand in Detmold und schon gar nicht wofür. 1997 wurde dort der kostenlose Busverkehr eingeführt, mit hervorragend positiven Effekten für die Stadt. In Detmold und in Lippe ist das natürlich keine Option, denn hier ist man vor allem gut darin Gründe zu finden, warum etwas NICHT funktionieren kann. Stattdessen erfreuen wir uns daran in der so ziemlich teuersten ÖPNV-Region Deutschlands zu leben. Hier beschwert sich niemand dass er fünf Euro für eine Busfahrt in die Nachbarstadt zahlen muss, denn er fährt erst gar nicht mit…

Viel lieber zerfahren wir mit dem Auto unsere (Stadt-)Landschaften und verpesten die Luft unserer ehemals schönen Kleinstädte mit Abgasen, während Bahnhöfe abgebaut oder zu „Haltestellen“ heruntergestuft  werden (Ehlenbruch), was nebenbei zu mehr Verspätungen führt. Da steht man dann in Oerlinghausen  bei laufendem Dieselmotor einfach mal 15 Minuten auf dem Gleis bis der verspätete Zug an den wartenden Fahrgästen vorbeirauscht. Das nehmen wir für den „Fortschritt“ aber klaglos hin – und träumen von der „Metropolregion NRW“ (Detmolder Erklärung) damit es hoffentlich bald überall so aussieht wie in Bochum, Essen und Dortmund…