Immer wieder hört man bei Gesprächen über umweltfreundliche Verkehrsmittel mit Menschen in OWL die Formulierung „…aber bei uns auf dem Platten Land… …“. Auch wenn große Teile von OWL gar nicht platt sind, so ist damit wohl gemeint, dass die Bevölkerungsdichte zu gering sei, um Alternativen zum Auto sinnvoll nutzen zu können. Allerdings kann diese Annahme nur auf relativen Größen beruhen: natürlich ist die Bevölkerungsdichte in OWL deutlich geringer, als in Berlin, doch im Vergleich z.B. zur Region Freiburg ist sie höher. Und mit diesem, sinnvolleren, Vergleich kann man auch sogleich anschaulich machen, dass erschwinglicher, effizienter ÖPNV „auf dem platten Land“, als alternative zum Auto, durchaus möglich ist. Denn in dem großen Gebiet in und um Freiburg kostet das Monatsabo nur 50 Euro! Für einen vergleichbaren Bereich in OWL kostet es 190 Euro! (Lesen Sie mehr darüber hier und hier.) Wenn man dann noch weiß, dass die Freiburger „80% der Wege in der Stadt umweltfreundlich“ zurücklegen, dann wird einem schnell klar, das OWL noch sehr viel Luft (!) für Verbesserungen hat.

So weit  zum ÖPNV. Aber auch beim Radfahren soll uns die Luft nicht wegbleiben. Laut der Studie „Umweltbewusstsein Deutschland“ des Umweltbundesamtes (Seite 63) können sich rund Zweidrittel der Kleinstadtbewohner vorstellen mehr mit dem Fahrrad zu fahren. Gerade in Kleinstädten macht das Sinn, denn die Wege dort sind kurz und mit dem Fahrrad fast überall schneller von Tür zu Tür zu bewältigen, als mit dem Bus. Und sogar im Vergleich zum Auto sind viele Wege hier mit dem Fahrrad schneller erledigt.

Nun wird auch hier gerne „das Platte Land“ bemüht, um zu erklären warum es ausgerechnet in unserer Stadt nicht geht. Allerdings in einem etwas anderen Sinne: dieses Mal geht es tatsächlich um Berge. Gütersloh und Minden (mit seinem für OWL recht hohen Fahrradanteil) sind für klassische Fahrräder tatsächlich plattes Land und werden somit von der durchschnittlichen „couch-potato“ als ideales Fahrradterrain gesehen. Doch im Zeitalter des Pedelecs (eBike) haben solche Differenzierungen ihren praktischen Sinn verloren. Wer in Detmold oder Blomberg sein Auto mit dem Fahrrad ersetzen möchte, kann dies ganz ohne schweißtreibende Aktivitäten tun. Höchstens die Preise der Pedelecs können Geringverdienern noch den Schweiß auf die Stirn treiben. Für Angestellte und Ihre Arbeitgeber bietet sich anllerdings immer die Möglichkeit des „Jobrads„, um das Pedelecfahren erschwinglich zu machen.

Gefragt sind indes die Kommunen, sich deutlich intensiver um ihre Fahrradinfrastruktur zu bemühen. Der Columbianische Nationalökonom und Bürgermeister von Bogota, Enrique Peñalosa, sagte einst im deutschen Eisenbahnmagazin „Mobil“ (Nr.08, 2008): „Ob eine Stadt zivilisiert ist, hängt nicht von der Zahl ihrer Schnellstraßen ab, sondern davon, ob ein Kind auf dem Dreirad unbeschwert überall hinkommt.“ Von einer solchen Mentalität kann man bei Bürgermeistern in OWL bisher nur träumen. Peñalosa hat viel für einen umweltfreundliche ÖPNV, in seiner bis dahin am Autoverkehr erstickenden Stadt, getan. Er schielte nicht, wie z.B. der Bürgermeister von Detmold, auf die vierte Amtszeit, sondern war besorgt um das Wohl seiner Bürger und setzte Maßnahmen um, die erst unpopulär waren, später aber von einer großen Mehrheit begrüßt wurden. Solche Bürgermeister und Stadträte brauchen wir in OWL!


Studie „Umweltbewusstsein Deutschland“ des Umweltbundesamtes:

http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/umweltbewusstsein_deutschland_2016_bf.pdf